Gold und Optimismus

Schacht der Goldgräber

Aus anscheinend sicheren traditionellen sozialen Strukturen der Senufo im Süden Malis brechen meist junge Menschen aus und stürzen sich in das „Abenteuerleben“ der Goldgräber. Seit Jahrtausenden ist Mali für Gold bekannt. Das Edelmetall wird auch heutzutage an vielen Orten gesucht. Sein Einfluss auf die Gesellschaft und das Leben der Einzelnen ist oft sehr stark.

Früher gingen die jungen Männer der Senufo im Süden Malis in der Trockenzeit in die Elfenbeinküste. Dort arbeiteten sie auf den Plantagen und verdienten sich das Geld für den Brautpreis. Zu Hause lebten sie wie vor hundert Jahren in den traditionellen Strukturen einer bäuerlichen Gesellschaft, in der nur die Alten das Sagen hatten. Wegen der Wirren des Bürgerkrieges in der Elfenbeinküste von 2002 bis 2007, wurde es schwierig, zur Arbeit auf die Plantagen zu gehen. Irgendwann wurde dann auf dem Gebiet der Senufo Gold entdeckt und damit wurde vieles anders.

Gruppe junger Missionare
Ein junges Team der Afrikamissionare betreut die Missionsstation von Dyou-Kadiolo. Gerade haben sie in Kadiolo eine größere Kirche gebaut. Das alte Kirchlein war baufällig und die Gemeinde wächst. Ursprünglich hatten die Weissen Väter in Dyou, 40 Kilometer entfernt ihre Hauptstation. Vor einigen Jahren wurde das Zentrum der Pfarrei in die Bezirkshauptstadt Kadiolo verlegt. Von hier aus kümmern sich die drei Afrikamissionare und ein junger Kandidat um die zahlreichen Außenstationen der Pfarrei. Im Süden grenzt die Pfarrei an die Elfenbeinküste. Die Pfarrei betreut auf ihrem Gebiet auch eine Reihe großer Goldgräbercamps. Früher lebten hier fast nur die Senufo. Durch die heutigen Staatsgrenzen geteilt, liegt deren Gebiet nun teils in Burkina Faso, in Mali und in der Elfenbeinküste. Es war eine traditionelle bäuerliche Gesellschaft. Die Landwirtschaft bestimmte den Ablauf des Lebens mit Anbau und Ernte. Durch den einsetzenden „Goldrausch“ sind viele Fremde ins Land gekommen. Mit ihnen änderte sich das Leben der Senufo. Die jungen Leute der Senufo verließen ebenfalls ihre Dörfer und die Landwirtschaft und zogen zu tausenden in die Goldgräbercamps. Auch früher haben die Leute schon in der Trockenzeit nach Gold gesucht. Aber sie suchten nur soviel, wie sie gerade brauchten für den Schmuck der Frauen oder ihre eigenen Ringe. Mehr eigentlich nicht.

Städte aus Plastik
Heute leben in manchen Goldgräbercamps 10 bis 12tausend „Einwohner“, genau weiß das niemand. Siedlungen entstehen wie aus dem Nichts, wenn irgendwo Gold gefunden wird. Hütten werden gebaut aus Holzrahmen, die mit Plastikbahnen bespannt sind. Von der Suche nach Gold leben nicht nur die Goldgräber selber. Händler siedeln sich an, Bäcker und Lebensmittelverkäufer. Improvisierte Restaurants und Kinos entstehen und Gastwirtschaften. Es gibt Fachleute, die mit Wasser und Elektrizität versorgen. Schmiede werden gebraucht für die Werkzeuge, Fuhrunternehmer für den Nachschub und selbstverständlich die Goldhändler, die das gefundene Gold aufkaufen und an die staatlichen Stellen weiterleiten. Gold aufbewahren ist gefährlich und unsicher, es wird immer schnell verkauft. Es herrscht der Glaube: „Gold ist übel, man sollte es nicht zu lange behalten“. Die Kriminalität ist in den Camps sehr hoch.

Geldwirtschaft und Mobilität
Geld bestimmt heute den Alltag, alles hat seinen Preis. Aber das Geld macht frei von den überkommenen Strukturen, in denen nur die Alten Macht hatten und allen Besitz verwalteten. Wer heute Geld hat, bestimmt selber, kauft Lebensmittel, Kleidung, ein Motorrad, ein Telefon. Für alles gibt es Verkäufer, die Geldwirtschaft hat das Leben verändert. Die junge Gesellschaft im Süden Malis lebt mit einer überraschenden Mobilität. In manchen traditionellen Senufo-Dörfern wohnen nur noch alte Leute und vielleicht kleine Kinder. Aber selbst die Alten suchen heute lieber selber nach Gold, bevor Fremde kommen und es auf ihrem Land finden und wegnehmen. Die Leute opfern kulturelle Werte, soziales Gefüge und ihre Umwelt und erhoffen sich eine bessere Zukunft. Es ist nicht die Armut, die sie in das „moderne Leben“ treibt. Es ist ein kultureller Wandel, er verändert die Struktur der alten Gesellschaft, und findet einen Ausdruck im Geld, das der Einzelne verdient und das ihn scheinbar unabhängig macht. Dafür haben die Menschen sich außerhalb des bisherigen gesellschaftlichen Rahmens begeben in eine andere Welt, die noch verrückt und fast unkontrolliert scheint. Sie riskieren oft sogar ihr Leben, denn Unfälle und auch Todesfälle sind an der Tagesordnung.

Eine Minderheit von Christen
Mitten in dem Goldgräbercamp von Badalabougou steht eine kleine Kapelle. Wie die Hütten ringsum ist sie nur ein Holzgerüst, das mit Plastikplanen bespannt ist. Regelmäßig kommt einer der Missionare aus der Pfarrei von Kadiolo die 80 Kilometer hierher und betreut die kleine Gemeinde von Katholiken, die auch in der wirren Umgebung des Camps ihren Glauben leben. Christen sind eine verschwindende Minderheit von zwei bis fünf Prozent unter den Senufo, aber sie sind da und sind sehr aktiv. hbs

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Bild oben:
Bis zu zehn Meter tief sind die Stollen, die zur Gold tragenden Erdschicht führen.

Bilder unten:
Die Gemeinschaft der afrikamissionare in der Pfarrei Kadiolo, die auch die verschiedenen Goldgräbercamps betreut: P. Joseph Kamwanga aus D.R. Kongo, P. Emmanuel Mubanga aus Sambia, der Student Mirembue Domingos Alberto aus Mosambik und P. Dariusz Zielinski aus Polen.

Bild darunter:
Die Kapelle in Badalaboubgou und die Küsterin Anne, die sich darum kümmert.

Mitbrüder von Kadiolo
Kapelle im Camp