Afrikas bedrohte Wälder

Gegen Abend steigt im afrikanischen Dorf aus den Küchen neben der Haus Rauch auf. Die Frauen kochen das Abendessen, meist noch traditionell auf drei Steinen, zwischen die Holzscheite geschoben werden - eine höchst ineffiziente Methode und sehr ungesund für die Köchinnen, die den rußigen Rauch stundenlang einatmen.
In den Städten verwendet man meist modernere Öfen und kocht mit Holzkohle. Produktion und Handel mit Holzkohle sind eine Einnahmequelle für viele Familien und gleichzeitig ein ökologisches Desaster. Rings um die Städte sieht man kilometerweit keinen größeren Baum mehr. Aber die Leute haben keine Wahl. Sie müssen kochen. Kerosin ist teuer, Strom gibt es nicht regelmäßig. Holzkohle ist die billigste Energiequelle.

Wenn schon die Holzkohleproduktion die Umwelt zerstört und den Klimawandel beschleunigt, so ist das Abholzen tropischer Urwälder durch internationale Konzerne eine noch größere Bedrohung für das Klima ganzer Regionen. Vor allem chinesische Unternehmen tun das in großem Stil. China gewährt den Ländern großzügige Milliardenkredite und erhält im Gegenzug Lizenzen zur Ausbeutung von Rohstoffen, unter anderem von Wäldern. Wie viele Bäume tatsächlich gefällt und exportiert werden, kann niemand kontrollieren. Die Demokratische Republik wie auch die Regierung von Madagaskar hat solche Verträge mit China abgeschlossen.

Im Fernsehen sehen wir mit Entsetzen, wie die Amazonaswälder, die Lunge unseres Planeten gerodet und abgebrannt werden. Ähnliches gilt auch für die riesigen tropischen Wälder des Kongobeckens. Ihre Zerstörung würde das Klima in ganz Zentralafrika negativ beeinflussen. Schon jetzt leiden die Menschen an extremen Wetterverhältnissen, wie Dürren und Überschwemmungen, und Bauern wissen nicht mehr, wann sie denn ihre Saat aussäen sollen.

Die europäischen Missionare, die im 19. Jahrhundert nach Afrika kamen, waren fasziniert von der einzigartigen Flora und Fauna Afrikas. Sie hatten noch nie etwas gehört von Klimawandel und Umweltkatastrophen, aber sie hatten ein Gespür für die Bedeutung von Bäumen und Wäldern. Wo immer sie eine Missionsstation bauten, pflanzten sie gleichzeitig einen kleinen Wald an. Sie brauchten Holz zum Kochen und Bauen, aber wussten auch, dass Wälder den Regen anziehen und die Umgebung abkühlen. Wenn man in Ostafrika eine ländliche Pfarrei sucht, muss man nur Ausschau halten nach Hügeln bedeckt mit einem Wald. Auch ihre Nachfolger legten Baumschulen an und ermutigten die Leute Bäume zu pflanzen. Heute wird dieses Anliegen von vielen Nichtregierungsorganisationen weitergetragen.

Am bekanntesten wurde die Kenianerin Wangari Maathai, die sich um Frauenrechte und Umweltschutz verdient machte. 1977 rief sie das „Greenbelt Movement“ (Grüngürtel-Bewegung) ins Leben, das heute in 13 Ländern aktiv ist, Hunderte von Baumschulen angelegt und Millionen von Bäumen gepflanzt hat. Auf Grund ihrer Pionierrolle wurde sie „Mama Miti“ (Mutter der Bäume) genannt, erhielt viele internationale Auszeichnungen und 2004 sogar den Friedensnobelpreis für ihren Einsatz für „nachhaltige Entwicklung, Frieden und Demokratie“.

Aufforstung tut Not Auch einige afrikanische Regierungen haben die Bedeutung von Waldbestand für das Klima erkannt und Programme zur Aufforstung organisiert. Äthiopien pflanzt jedes Jahr mehrere Millionen Bäume an. In Malawi gab es schon früher einen Tag des Baumes und alle Schulkinder mussten Setzlinge pflanzen. Aber Pflanzen ist nicht genug. Junge Setzlinge müssen gepflegt und vor Schafen und Ziegen geschützt werden, die mit Vorliebe die jungen Triebe fressen. Eines der größten Aufforstungsprojekte in Afrika ist die „Große Grüne Mauer der Sahara und Sahel Initiative (kurz GGWSS)“. Die Idee wurde von Wangari Maathai verbreitet und 2005 von der Afrikanischen Union angenommen.

Der ursprüngliche Plan war einen 15 Kilometer breiten und 7775 Kilometer langen Streifen Wald quer durch die ganze Wüstenzone der Sahelregion von Dakar bis nach Dschibuti anzulegen, um die Ausbreitung der Wüste zu stoppen und das Klima zu verbessern. 21 Länder unterstützen das Projekt, das inzwischen aber modifiziert wurde. Statt von einer grünen Mauer spricht man heute von einem grünen Mosaik von Dorfgemeinschaften, die sich mit Hilfe von außen dafür engagieren, produktive Wald- und Ackerflächen zu schaffen. Ein großes Hindernis für das Projekt ist die wachsende Unsicherheit in der gesamten Sahelzone, wo terroristische islamistische Gruppen immer mehr die Oberhand gewinnen.

Nicht nur die lokale Holzkohleindustrie und die Ausbeutung der tropischen Wälder durch ausländische Investoren bedrohen die Wälder Afrikas. In Afrika leben heute etwa 1,3 Milliarden Menschen. 2050 sollen es 2 Milliarden sein. Alle diese Menschen brauchen Nahrungsmittel und Wohnraum. Es ist zu erwarten, dass viele Waldgebiete und auch die einmalig schönen Naturparks Afrikas schrittweise dem Bevölkerungsdruck weichen werden. Das wird den Klimawandel, von dem der afrikanische Kontinent am meisten betroffen ist, noch beschleunigen.

Eigentlich ist Afrika mit reichlich Sonnenenergie gesegnet. Nötig wären massive Investitionen in dezentrale erneuerbare Energien, damit die Bäume eine Überlebenschance haben. Aber solange es keine erschwinglichen alternativen Energiequellen gibt, werden die Armen weiter ihr Abendessen mit Holzkohle kochen. P. W. Schonecke