Corona oder Hunger

Das Staatsoberhaupt in Mosambik hat wegen der Corona-Pandemie den Ausnahmezustand verhängt. Die Menschen sollen zu Hause bleiben, heißt es. Generell haben afrikanische Regierungen die gleichen Maßnahmen verhängt wie anderswo in der Welt. So wurden in Mosambik von der Vorschule bis zur Universität alle Bildungseinrichtungen geschlossen. Viele staatliche Behörden haben ihre Dienste eingestellt. Es wird befürchtet, das schwache Gesundheitssystem könne zusammenbrechen. Auf die Corona-Pandemie ist das Gesundheitswesen nicht vorbereitet. Angeblich gibt es nur ein einziges Labor, das Covid-19-Tests durchführen kann. Das befindet sich in der Hauptstadt Maputo. Es arbeitet mit einer Kapazität von täglich 60 Tests bei einer Einwohnerzahl Mosambiks von etwa 29 Millionen.

Viele Menschen rund um Beira leben von der Landwirtschaft oder verdienen ihren Lebensunterhalt auf den Märkten in der Stadt. Sie alle kennen kein geregeltes monatliches Einkommen. Für das tägliche Leben ist der Markt wichtig. Offiziell sind aber kleine Stände auf Märkten und an der Straßenseite verboten, das Ordnungsamt beseitigt sie. „Viele Menschen befürchten, dass sie nicht genug zu essen haben, weil sie nicht mehr arbeiten und ihren Geschäften nicht mehr nachgehen können,“ berichtet der Student Martinho. Er meint, die Menschen hätten mehr Angst, an Hunger zu sterben, als an Corona. Steigende Preise machen den Menschen zu schaffen. Für manche Grundnahrungsmittel haben sich die Preise verdoppelt und die Kaufkraft der Währung sinkt.

Verändertes Leben

Für ihr tägliches Leben sind die Leute auf die üblichen Transportmöglichkeiten angewiesen. Anfangs sollten nach den Hygienebestimmungen in einem Minibus mit 15 Sitzen nur noch drei Passagiere befördert werden. Das rentierte sich für die Betreiber natürlich nicht. Sie stellten die Dienste ein. Inzwischen sind nun 13 Personen mit Mundschutz im Minibus erlaubt. Personentransporte auf Pickups, Autos mit offenen Ladeflächen, sind verboten worden. Aber gerade auf sie sind die Bewohner der ländlichen Gebieten angewiesen, um ihre Lebensmittel und andere Waren zu den Märkten zu bringen. Viele gehen nun wieder weite Strecken zu Fuß, nutzen Fahrräder oder Mopeds, um zu den Märkten zu gelangen. Automechaniker beschweren sich, denn wegen des verringerten Verkehrs bleiben ihnen die Kunden weg, sie haben kaum noch halb so viel zu tun wie sonst. Von Paulo Magumba berichtet der Student Mario. Paulo ist selbstständig und betreibt seit 1998 mit seinem Freund João ein „Tchova“-Geschäft. Mit Handkarren transportieren sie Waren für ihre Kunden. Paulo ist der Vater von sechs Kindern. Angesichts der Corona-Situation macht er sich so seine Gedanken und sagt: „Bevor diese Krankheit kam, konnte ich so zwischen 600 oder 700 Meticais (etwa 9 Euro) pro Tag verdienen. Aber jetzt verdiene ich 200 bis 300 Meticais und teile das Geld noch mit meinem Kollegen. Es gibt Tage, da verdiene ich nichts .“

Menschen brauchen Kontakt „Wegen der Pandemie sollten die Menschen nun alle zu Hause bleiben“ schreibt der Student Castigo. „Die Menschen in Mosambik haben bisher nach der Ubuntu-Philosophie gelebt ,Ich bin, wer ich bin, weil wir alle sind’. Das bedeutet, dass die Menschen auf Grund ihrer Erfahrung dazu neigen, den Kontakt mir anderen aufrechtzuerhalten.“ Das Leben spielt sich auch in Beira nicht in den Häusern sondern draußen davor, in den Höfen und auf den Straßen ab. Hygienemaßnahmen einzuhalten ist schwierig. „Die Verwendung der Maske im öffentlichen Raum ist obligatorisch“, sagt Castigo, „aber waschen sich die Menschen immer ihre Hände mit Wasser und Seife oder verwenden sie Desinfektionsmittel?“ Kinder sind nun meist ohne Aufsicht, nachdem die Schulen geschlossen sind. Auch in Beira soll man anderthalb Meter Abstand halten. Aber Kinder beachten das nicht, besonders wenn die Erziehungsberechtigten nicht in der Nähe sind. In manchen Fällen begleiten die Kinder einfach ihre Eltern, die versuchen in der misslichen Situation irgendwie ihre Kinder zu ernähren und zu unterstützen.

Studenten gehen online

Wegen der Covid-19 Krise hat die Universität Licungo in Beira den Lehrbetrieb umgestellt auf die Nutzung von Online-Kursen. Studenten sollen jetzt Zoom, WhatsApp oder ein virtuelles Klassenzimmer benutzen. „Die Klassen sind interaktiv und kompliziert zugleich“, sagt der Informatikstudent Daniel. „Das Arbeiten mit dem virtuellen Klassenzimmer wurde bereits seit meinem zweiten Studienjahr in der Klasse benutzt, so dass es für mich einfach ist. Auf der anderen Seite verursacht das Videokonferenz-Tool Zoom mehr finanzielle Ausgaben, da es keine Google-Technologie ist“. Das Anschauen einer Videoübertragung kostet also extra Geld. „Eine einfachere Alternative wäre WhatsApp mit einem Smart-phone, aber nicht jeder hat so ein Gerät“, sagt Daniel. „Die ganze Umstellung befindet sich noch in einer Testphase, da auch die Lehrerinnen und Lehrer ihre Schwierigkeiten haben, die Technologie für ihren Unterricht zu nutzen und nicht wissen, was für sie geeigneter wäre.“ 1000 Meticais, etwa 13 Euro, zahlt Daniel im Monat jetzt also zusätzlich für Internet-Zeit. Dabei ist auch für ihn das Geld knapp. In Mosambik müssen Studenten sowohl an privaten wie auch an öffentlichen Bildungseinrichtungen sowieso schon Studiengebühren bezahlen. Mit etwa 100 Euro im Monat ist das Studium an staatlichen Institutionen noch kostengünstig. Doch ein Student muss auch wohnen und essen. So teilt er mit anderen Menschen in Beira auch diese tägliche Sorge.
P. Hans B. Schering