60 Jahre Weisse Väter in Hörstel

Im Hof des Noviziates 1968


Mitte 1955, begannen die Weissen Väter unter Leitung von P. Bernhard Beine auf dem Harkenberg in Hörstel mit Rodung- und Ausschachtungsarbeiten, um das neue Noviziat (Ausbildungshaus für "Neulinge") in dem von Bauer Josef Fislage (Ostenwalde) erworbenen Kiefernwäldchen zu errichten. Studenten der Weissen Väter aus dem In-und Ausland halfen tatkräftig mit, unter ihnen P. Hans Gülle und P. Reinhold Becker, die heute hier im "Kloster" leben. Sie wohnten in einer Bau-Baracke und knatterten jeden Morgen auf ihren Motorrädern zur Messe ins Dorf, bis Pfr. Jürgens am 2.10.55 eine Notkapelle vor Ort einweihte. Am 12. 9.1957 weihte Bischof Michael Keller das neue Kloster - das der Diözesan Baumeister Bocklage entworfen hatte - und die am Waldrand liegenden Lehrwerkstätten auf den Namen des Heiligen Paulus ein.

Die Weissen Väter in Deutschland hatten beschlossen, ihr in Marienthal in Luxemburg gelegenes, im Kriege geschlossenes Noviziat in die BRD zu verlegen. Auf der Suche nach einem Standort stießen die Weissen Väter durch ihren aus Ibbenbüren stammenden Mitbruder, P. Wehmeyer auf das Kloster Gravenhorst; doch der Tecklenburgische Kreistag verkaufte am 2.4.1954 Kloster und Mühle an die damaligen Pächter Meier (Gastwirt) und Müller (Sägemühle).

Heute freuen die Weissen Väter sich - mit Blick auf die etwaigen enormen Kosten eines Wiederaufbaus des Klosters und mit Ohr auf die heutige lärmende Autobahn, die das Kloster seit 1975 tangiert - über die damalige "Enttäuschung". Doch die Weissen Väter hatten das Münsterland, den Teutoburgerwald und das gastfreundliche Hörstel schätzen gelernt und sind gerne geblieben.

385 Novizen waren durch dieses Paulushaus gegangen als es 1967 zum Verkauf angeboten wurde. Denn die Zahl der Männer, die in einen Orden eintreten wollten, hatte sich nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil so stark reduziert, dass die wenigen Novizen nun in internationalen Gemeinschaften ausgebildet werden. Die noch vor Ort verbliebenen Weissen Väter (P. Beine, P. Fischer, Br. Knobelspieß) zogen in die umgebauten, später in 1980 aufgestockten, Lehrwerkstätten um. Von dort aus arbeiteten sie weiterhin in der Seelsorge in Hörstel und Umgebung.
Nach kurzem Leerstand wurde das Paulus-Haus von 1971 bis 1982 an den Diözean-Caritasverband Münster vermietet. Es wurde eine Sonderschule/Internat für Spätaussiedler-Kinder aus den Ostblockländern eingerichtet. Später kamen Flüchtlings-Kinder aus Kambodscha und Vietnam ("Boat People“). Mehrere Lehrer unterrichteten dort, unter ihnen Diakon Helmut Tump, der mit seiner Familie eine Wohnung im Paulushaus bezog. In den letzten Jahren gingen die Kinder zum Unterricht an die Hauptschule.

Von 1983 bis Januar 1985 übernahm der Caritasverband Rheine das Haus als Übergangs-Heim für 30 psychisch Erkrankte, als deren Krankenhaus in Bevergern umgebaut wurde. Danach stand das Haus leer, bis das "Samariter Werk e.V.", ein katholisches Fastenzentrum in Volkershausen bei Singen, es im Mai 1986 kaufte. Unter der Leitung dessen Geschäftsführers T. Kisters wurde das Haus erneuert, die einfachen 60 Zellen wurden zu 40 Zimmern mit Bad erweitert und Therapieräume eingerichtet. Seitdem reisen Gäste aus ganz Deutschland und anderen Ländern an, um in unterschiedlichen Programmen sich durch Fasten zu erneuern. Die Zahl der Fastenden schwankt von 25 im Winter und 45 in der Fastenzeit und im Sommer. Die nebenan wohnenden Weissen Väter begleiten die Gäste durch Gottesdienste und Gespräche.

Da immer mehr Weisse Väter nach 25, 40 oder auch 50 Jahren Missionsarbeit in Afrika nach Deutschland zurückkehrten, wurde von 1995 bis 1997 unter Aufsicht von P. Bernhard Hagen ein neues, größeres Haus entlang der Harkenbergstraße gebaut. Dort leben und arbeiten heute neun Weisse Väter.
Elf Weisse Väter haben bereits auf dem Friedhof zu Hörstel ihre letzte Ruhestätte gefunden.

Bernd Pehle Weisse Väter, Februar 2015

Bild oben: Der Innenhof des Noviziates 1968

Bild unten: Kartoffelkollekte 1967. In den umliegenden Ortschaften wurden Kartoffeln gesammelt für das Noviziat. Die Weissen Väter konnten sich auf die Unterstützung durch die Bevölkerung verlassen.

Kartoffelkollekte 1968